Bethesda Stellungnahme zur offen zugänglichen Veröffentlichung
(Open Access Publishing)

Herausgegeben am 20. Juni 2003

Zusammenfassung über den 11. April, Treffen zu Open Access Publishing

Die folgenden grundlegenden Stellungnahmen wurden während eines eintägigen Treffens erstellt, das am 11. April 2003 am Hauptsitz des Howard Hughes Medical Institute in Chevy Chase (Maryland) abgehalten wurde. Der Zweck dieses Dokumentes ist es, die Diskussion in der biomedizinischen Forschungsgemeinschaft anzuregen, auf welchem Wege man fortfahren sollte, um so schnell wie möglich das vielerorts unterstützte Ziel des offenen Zugangs zu vornehmlich wissenschaftlicher Literatur zu ermöglichen. Unser Ziel war es, sich auf bedeutsame, klar umrissene Schritte zu einigen, die alle betroffenen Gruppen —die Organisationen die wissenschaftliche Forschung fördern und unterstützen, die Wissenschaftler welche die Forschungsergebnisse hervorbringen, die Verleger welche die fachliche Überprüfung und Verbreitung der Forschungsergebnisse erleichtern, und die Wissenschaftler, Bibliothekare und andere, die auf freien Zugang zu diesem Wissen angewiesen sind — gehen können, um den raschen und effizienten Übergang zur frei zugänglichen Veröffentlichung voranzutreiben.

Eine Liste der Teilnehmer ist den grundlegenden Stellungnahmen nachgestellt; sie nahmen als Individuen und nicht notwendigerweise als Vertreter ihrer Einrichtungen teil. Daher soll diese Stellungnahme, während sie die übereinstimmende Meinung der Gruppe darstellt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie die ungeteilte Zustimmung an der Einrichtung des jeweiligen Teilnehmers oder jeglicher Position in sich beinhaltet.

Unser Ziel ist es, in einigen Monaten in einer erweiterten Runde zusammen zu kommen, um eine endgültige Liste von Prinzipien aufzustellen, für deren formelle Einführung als anerkannte Standards für die Veröffentlichung von fachlichen Artikeln über die Grundlagenforschung in den biomedizinischen Wissenschaften wir uns dann bei Fördereinrichtungen, wissenschaftlichen Gesellschaften, Verlegern, Bibliothekaren, Forschungseinrichtungen und individuellen Wissenschaftlern stark machen werden.

Das Dokument ist in vier Bereiche unterteilt: Der erste Bereich beinhaltet eine vorläufige Definition der offen zugänglichen Veröffentlichung (Open Access Publishing). Diesem schlieβen sich die Berichte von drei Arbeitsgruppen an.

Definition von offen zugänglicher Veröffentlichung (Open Access Publishing)

Eine offen zugängliche Veröffentlichung[1] ist eine Veröffentlichung, welche die folgenden zwei Voraussetzungen erfüllt:

  1. Der/die Autor/en und der/die Urheberrechtsinhaber gewähren allen Nutzern ein unwiderrufliches, weltweites, fortwährendes Recht auf Zugang zu ihrer Arbeit und die Berechtigung zu Vervielfältigung, Nutzung, Verteilung, öffentlicher Übermittlung und Vorführung, sowie zur Durchführung und Verbreitung abgeleiteter Arbeiten zur verantwortungsvollen Verwendung über jedwedes digitale Medium bei würdigender Beachtung der Urheberschaft[2], und auβerdem das Recht zur Erstellung gedruckter Exemplare in geringer Anzahl zur persönlichen Nutzung.

  2. Eine vollständige Fassung der Arbeit und alle damit in Verbindung stehenden Materialien, inklusive einer Kopie der obengenannten Genehmigung, wird sofort nach der Erstveröffentlichung in einem geeigneten, standardisierten elektronischen Format auf mindestens einer Online-Plattform zur Verfügung gestellt, die von einer akademischen Einrichtung, einer wissenschaftlichen Gesellschaft, einer Regierungsstelle, oder einer anderen anerkannten Organisation, die danach strebt, offenen Zugang, unbeschränkte Verbreitung, Interoperabilität und Langzeitspeicherung zu ermöglichen, getragen wird (für die biomedizinischen Wissenschaften kann PubMed Central als solche Plattform angesehen werden).

Anmerkungen:

1. Offener Zugang ist eine Eigenschaft individueller Arbeiten, nicht notwendigerweise von Zeitschriften oder Herausgebern.

2. Gesellschaftliche Gepflogenheiten werden - mehr als das Urheberrecht - weiterhin den Mechanismus für die Durchsetzung angemessener Anerkennung und verantwortungsvoller Verwendung der veröffentlichten Arbeiten bereithalten, wie sie dies auch schon jetzt tun.

Stellungnahme der Arbeitsgruppe "Einrichtungen und finanzierende Gesellschaften"

Unsere Organisationen finanzieren und bezuschussen die wissenschaftliche Forschung, um die Entwicklung und Verbreitung von neuen Ideen und Wissen für den öffentlichen Nutzen voranzutreiben. Wir wissen, dass die Veröffentlichung von Ergebnissen ein wesentlicher Bestandteil wissenschaftlicher Forschung ist, und dass die Veröffentlichungskosten einen Teil der Forschungskosten darstellen. Wir erwarten bereits, dass unsere Mitglieder und Begünstigten ihre Ideen und Entdeckungen durch Veröffentlichungen weitergeben. Dieser Auftrag ist nur zur Hälfte erfüllt, wenn die Arbeit nicht so weit wie möglich und mit dem gröβtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen verfügbar gemacht wird. Das Internet hat die praktischen und ökonomischen Realitäten der Verteilung veröffentlichen Wissens grundlegend verändert und ermöglicht enorm verstärkten Zugang.

Um die Vorteile dieses Wandels zu erkennen, ist ein entsprechender grundsätzlicher Wandel in unseren Vorgehensweisen bezüglich der Veröffentlichung durch unsere Begünstigten und Mitglieder notwendig:

  1. Wir ermutigen unsere Mitglieder/Fördergeldempfänger, ihre Arbeiten dem Open Access-Modell entsprechend zu veröffentlichen, um den Zugang und den Nutzen für Wissenschaftler, Lehrer und die Öffentlichkeit auf der gesamten Welt zu maximieren.

  2. Wir erkennen, dass der Wechsel zu freiem und kostenlosen Zugang - wenn er wahrscheinlich auch die Gesamtkosten verringern wird - einen Teil der Kosten, durch Seitengebühren auf den einzelnen Forscher oder durch verringerten Absatz auf die Herausgeber, umschichten wird, und wir versprechen dabei zu helfen, diese Kosten zu decken. Zu diesem Zweck erklären wir uns bereit dabei zu helfen, die notwendigen Ausgaben für die Veröffentlichung individueller Aufsätze nach dem Open Access-Modell in Fachzeitschriften zu tragen (unter Beachtung vernünftiger Grenzen, die sich auf das Marktgeschehen und die zur Verfügung gestellten Angebote stützen).

  3. Wir bekräftigen noch einmal, dass alleine dem intrinsischen Wert der Arbeit, und nicht dem Titel der Zeitschrift, in der die Arbeit eines Bewerbers veröffentlich wird, für Verträge, Beförderungen, Leistungsauszeichnungen oder Fördergelder Beachtung geschenkt wird.

  4. Wir werden eine Aufstellung von Open Access-Veröffentlichungen als Beweis für die wohlwollende Arbeit an der Gemeinschaft ansehen, wenn es um die Bewertung von Bewerbungen um Arbeitsverträge, Beförderungen und Fördergeldern geht.

Wir verfolgen diese Vorgehensweisen in der Erwartung, dass die Veröffentlicher wissenschaftlicher Arbeiten unseren Wunsch teilen, den Gewinn der Öffentlichkeit zu maximieren, und diese neuen Wege als das sehen werden, als was sie vorgesehen sind — eine Möglichkeit, zusammen für das Wohl der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit zu arbeiten.

Stellungnahme der Arbeitsgruppe "Bibliotheken & Verleger"

Wir glauben, dass freier Zugang in Zukunft ein grundlegender Bestandteil der wissenschaftlichen Veröffentlichung sein wird, und dass Arbeiten, die die Ergebnisse gegenwärtiger wissenschaftlicher Forschung berichten, so offen zugänglich und so frei verwendbar wie möglich sein sollten. Bibliotheken und Verleger sollten keine Anstrengung scheuen, diesen Wandel in einer Art und Weise zu beschleunigen, welche die planmäβige Verbreitung wissenschaftlicher Informationen nicht unterbricht.

Die Bibliotheken bieten an:

  1. Mechanismen für den Wechsel zur Veröffentlichung mit freiem Zugang zu entwickeln und zu unterstützen, sowie der Öffentlichkeit Beispiele dieser Mechanismen zur Verfügung zu stellen.

  2. Während unserer Ausbildungs- und Werbeaktivitäten hohe Priorität darauf zu verwenden, unseren Nutzern die Vorteile der Veröffentlichung mit freiem Zugang und der frei zugänglichen Zeitschriften nahezubringen.

  3. Frei zugängliche Zeitschriften in unseren Katalogen und anderen relevanten Datenbanken aufzuführen und hervorzuheben.

Die Zeitschriftenverleger bieten an:

  1. Sich darauf festzulegen, für jeden in all ihren Zeitschriften veröffentlichten Forschungsartikel eine frei zugängliche Fassung anzubieten.

  2. Eine spezifische Planung für den Übergang der Zeitschriften in frei zugängliche Modi herauszugeben.

  3. Mit anderen Herausgebern von frei zugänglichen Arbeiten und interessierten Gruppen zusammenzuarbeiten, um Werkzeuge für Autoren und Herausgeber zu entwickeln, um die Veröffentlichung von Manuskripten in üblichen, für archivarische Speicherung und effiziente Suche geeigneten elektronischen Formaten zu erleichtern.

  4. Sicherzustellen, dass Open Access-Modelle, die Autorengebühren verlangen, ihre Grenzen für Wissenschaftler in erwiesenermaβen schwierigen finanziellen Verhältnissen, insbesondere für diejenigen aus Entwicklungsländern, herabsetzen.

Stellungnahme der Arbeitsgruppe "Wissenschaftler und wissenschaftliche Vereinigungen"

Wissenschaftliche Forschung ist ein stark verflochtener Prozess, in dem jedes Experiment durch die Ergebnisse von anderen beeinflusst wird. Diejenigen Wissenschaftler, welche Forschung betreiben und die fachlichen Vereinigungen, welche sie repräsentieren, haben groβes Interesse daran sicherzustellen, dass Forschungsergebnisse so schnell, weit und effektiv wie möglich verbreitet werden. Die elektronische Veröffentlichung von Forschungsergebnissen bietet die Möglichkeit und die Verpflichtung, Forschungsergebnisse, Ideen und Entdeckungen kostenlos mit der wissenschaftlichen Gesellschaft und der Öffentlichkeit zu teilen.

Daher:

  1. Befürworten wir die Prinzipien des Open Access-Modells.

  2. Erkennen wir an, dass die Veröffentlichung ein grundlegender Teil des Forschungsprozesses ist, und dass die Veröffentlichungskosten grundlegende Kosten der aktiven Forschung sind.

  3. Stimmen die wissenschaftlichen Gesellschaften darin überein, ihre starke Unterstützung für das Open Access-Modell und ihr Bestreben, letztendlich freien Zugang zu allen von ihnen veröffentlichten Arbeiten zu erreichen, noch einmal zu bestätigen. Sie werden Informationen über die Schritte, die sie auf dem Weg zu freiem Zugang beschreiten werden, mit der von ihnen bedienten Gemeinschaft und mit anderen, die von ihren Erfahrungen lernen könnten, teilen.

  4. Stimmen Wissenschaftler zu, ihre Unterstützung für freien Zugang dadurch zu beweisen, dass sie ausschlieβlich in frei zugänglichen Zeitschriften und solchen Zeitschriften, die effektiv den Wechsel zu freiem Zugang vollziehen, veröffentlichen sowie besonders aus diesen Zeitschriften zitieren und für diese schreiben.

  5. Stimmen Wissenschaftler zu, für die Veränderungen in den Beförderungs- und Ernennungsverfahren einzutreten, damit der Beitrag für die Gemeinschaft durch Open Access-Veröffentlichungen anerkannt und der fachliche Wert individueller Artikel berücksichtigt wird, ohne Wert auf den Titel der Zeitschriften zu legen, in denen sie erscheinen.

  6. Stimmen Wissenschaftler und Gesellschaften zu, dass die Ausbildung ein unverzichtbarer Bestandteil der Verwirklichung von freiem Zugang ist, und erklären sich dazu bereit, ihre Kollegen, Mitglieder und die Öffentlichkeit über die Wichtigkeit von freiem Zugang aufzuklären und zu erklären, weshalb sie diesen unterstützen.

Teilnehmerliste

Dr. Patrick O. Brown
Howard Hughes Medical Institute
Stanford University School for Medicine, and
Public Library of Science

Ms. Diane Cabell
Associate Director
The Berkman Center for Internet & Society
  at Harvard Law School

Dr. Aravinda Chakravarti
Director, McKusick-Nathans Institut for
  Genetic Medicine at Johns Hopkins
  University, and
Editor, Genome Research

Dr. Barbara Cohen
Senior Editor
Public Library of Science

Dr. Tony Delamothe
BMJ Publishing Group
United Kingdom

Dr. Michael Eisen
Lawrence Berkeley National Lab
University of California Berkeley, and
Public Library of Science

Dr. Les Grivell
Programme Manager
European Molecular Biology Organization
Germany

Prof. Jean-Claude Gu�on
Professor of Comparative Literature,
University of Montreal, and
Member of the Information Sub-Board,
  Open Society Institute

Dr. R. Scott Hawley
Genetics Society of America

Mr. Richard K. Johnson
Enterprise Director
SPARC (Scholarly Publishing and Academic
  Resources Coalition)

Dr. Marc W. Kirschner
Harvard Medical School

Dr. David Lipman
Director, NCBI
National Library of Medicine
National Institutes of Health

Mr. Arnold P. Lutzker
Lutzker & Lutzker, LLP
Outside Counsel for Open Society Institute

Ms. Elizabeth Marincola
Executive Director
The American Society for Cell Biology

Dr. Richard J. Roberts
New England Biolabs

Dr. Gerald M. Rubin
Vice President and Director, Janelia Farm
  Research Campus
Howard Hughes Medical Institute

Prof. Robert Schloegl
Chair, Task Force on Electronic Publishing
Max-Planck-Gesellschaft, Germany

Dr. Vivian Siegel
Executive Editor
Public Library of Science

Dr. Anthony D. So
Health Equity Division
The Rockefeller Foundation

Dr. Peter Suber
Professor of Philosophy, Earlham College
Open Access Project Director, Public Knowledge
Senior Researcher, SPARC

Dr. Harold E. Varmus
President, Memorial Sloan-Kettering Cancer Center
Chair, Board of Directors, Public Library of Science

Mr. Jan Velterop
Publisher
BioMed Central
United Kingdom

Dr. Mark J. Walport
Director Designate
The Wellcome Trust
United Kingdom

Ms. Linda Watson
Director
Claude Moore Health Sciences Library
University of Virginia Health System


Der Ersteller dieser Zusammenfassung, Peter Suber: "Ich bin kein offizieller Sprecher für diese Stellungnahme, sondern ein Teilnehmer der Konferenz, die diese ausgearbeitet hat (sowie der Ersteller des ursprünglichen HTML-Dokuments). Nichtsdestotrotz habe ich mich bereit erklärt, Kommentare dazu zu sammeln und diese für die Teilnehmer der folgenden Zusammenkunft aufzubereiten. Sollten Sie Anmerkungen haben, so senden Sie diese bitte an peters@earlham.edu. Sollten Sie keine gegenteiligen Äuβerungen machen, so gehe ich davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, wenn ich Ihre Anmerkungen im ein oder anderen öffentlichen Diskussionsforum veröffentliche. Vielen Dank, Peter Suber."


Diese deutsche Version ist eine Übersetzung der englischen Originalversion. Sollten Unklarheiten bestehen, so gelten die Aussagen der Ursprungsfassung in englischer Sprache.

Auβerdem wurde dieses Dokument bisher ins Polnische übersetzt.

Weitere Übersetzungen sind herzlich willkommen.

Deutsche Übersetzung: Bernhard Linseisen, Au in der Hallertau, Deutschland